Die schnellen 90er Jahre ...
Ein Hochwasser Mitte Januar 1993 erforderte erneut die Unterstützung der Helfer des Ortsverbandes Gießen. So wurde von Helfern des Bergungszuges im Uferweg erfolgreich ein Damm aus Holzkonstruktionen und 600 Sandsäcken errichtet, um eine Überflutung der Weststadt zu verhindern. Der Instandsetzungszug war derweil mit dem Auspumpen von Kellern beschäftigt. Der höchste Pegelstand der Lahn lag bei 6,66 m. Zu Spitzenzeiten waren bis zu 450 Einsatzkräfte im Einsatz.
Wieder ein Führungswechsel im Ortsverband
Im Frühjahr 1993 gab es erneut einen Wechsel an der Führungsspitze des Ortsverbandes. Nachfolger des bisherigen Ortsbeauftragten Bernd Helm wurde Karl-Heinz Krebs.
Unter dem Motto „Kalte Dusche ’93“ fand im Mai 1993 eine ABC-Übung statt. Der OV Gießen trug dabei die Übung auf dem Gelände und dem Kreisgebiet für alle ABC-Züge in Hessen aus. Aufgaben lagen beim Strahlenschutz, Gefahrgutumgang, Erkunden von ABC-Gefahren, Dekontamination (Entgiften) von Personen und Fahrzeugen sowie die Entnahme von Bodenproben, die Messung von Strahlung und die Bergung und Rettung von Personen bei akuten ABC-Gefahren. Die Übung war ein voller Erfolg und bewies den hohen Ausbildungsstand der THW-Helfer aller ABC-Züge.
Hessentag in Lich
Im Juli 1993 fand in Lich der Hessentag ’93 statt. Das THW setzte hierfür insgesamt 250 Helfer aus mehreren Ortsverbänden ein. Die Führung lag beim OV Gießen, der auch die meisten Helfer für das Großereignis stellte. Insbesondere waren Ausleuchtungsmaßnahmen bei Veranstaltungen sowie Ordnungsdienste zu bewältigen. Ein weiterer Schwerpunkt war die Aufstellung, Begleitung, Auflösung des Festzuges und der dazugehörige Ordnungsdienst. Allein für die erfolgreiche Abwicklung dieses Umzuges wurden 180 Helfer eingesetzt. Für den Hessentag wurde vom THW eine gemeinsame Leitstelle aller beteiligten Hilfsorganisationen und der Polizei eingerichtet, die vom THW-Kreisbeauftragten Bernd Helm geführt wurde.
Im Dezember 1993 wurde das THW Gießen angefordert um auf dem Werkgelände bei Buderus in Lollar Sandsäcke zu füllen. Die gefüllten Sandsäcke wurden anschließend mit THW-Fahrzeugen ausgeliefert. Der Einsatz dauerte eine ganze Nacht, bevor Entwarnung gegeben werden konnte.
Im Laufe des Jahres 1994 konnte der Ortsverband seine neue Fahrzeughalle in Betrieb nehmen. Der Neubau wurde erforderlich, da die alte Fahrzeughalle aus allen Nähten platzte und in die Jahre gekommen war.
Die alte Fahrzeughalle wurde anschließend weitgehend in Eigenleistung abgerissen. Auf der Fläche der alten Halle sollte der Neubau eines Unterkunftsgebäudes entstehen.
Trotz bestem Wetter im Landkreis suchte im April 1994 ein Hochwasser Gonterskirchen heim. Ein Unwetter, welches vom Vogelsberg heran- und ohne Vorwarnung aufzog, traf ausschließlich den kleinen Laubacher Ortsteil. Das THW Gießen rückte mit neun Fahrzeugen nach Lich aus, um dort Sandsäcke zu füllen und diese in das Krisengebiet zu transportieren. Das Wasser lief über die schnell anschwellende Horloff nach Hungen weiter. Auch dort setzte man den OV Gießen zum Verbau von Sandsäcken ein. Im Einsatz waren an diesem Abend über 300 Einsatzkräfte aller Organisationen.
Der ABC-Zug verlässt das THW
Traurig waren am 01. Januar 1995 die Helfer des ABC-Zuges, denn an diesem Tag wurde der ABC-Zug des THW Gießen an die Feuerwehr abgegeben. Die Übergabe erfolgte aufgrund des geplanten THW-Neukonzeptes. Dafür wurden alle THW-ABC-Züge an die Feuerwehren abgegeben. Im Tausch wurden Bergungszüge der Feuerwehr dem THW überlassen. Die engagierten Helfer des ABC-Zuges Gießen wurden in andere Einheiten des THW eingegliedert.
Die letzte verlagerte Standortausbildung der alten Fachdiensteinheiten des Ortsverbandes fand im Frühjahr 1995 in Kemel statt. Die dort außer Betrieb genommene NATO-Radaranlage wurde kurze Zeit vorher durch das THW unter Mitwirkung des Gießener Sprengberechtigten Ekkehard Krell gesprengt, so dass dort hervorragende Übungsbedingungen herrschten. Einen Tag lang übte dort der gesamte Ortsverband.
THW Neukonzept
Am 01.07.1995 erfolgte die Umstrukturierung des THW auf Bundesebene. Stellte der OV Gießen zuvor einen Bergungs- einen Instandsetzungs-, einen Fernmelde- sowie einen ABC-Zug, so waren nach der Umstrukturierung in Gießen zwei Technische Züge mit den Fachgruppen Wassergefahren, Infrastruktur und Führung/Kommunikation stationiert. Dadurch wurden einige Fahrzeuge abgegeben, von anderen Ortsverbänden wurden neue zugeteilt. Die folgende Zeit war geprägt von Fahrzeugumrüstungen, StAN-Überprüfungen, neuer Fahrzeuge, Umrüstungen, StAN-Überprüfungen usw. Die damit beauftragten Helfer mussten viel Geduld mitbringen! Doch zum Jahresende waren die größten Probleme beseitigt und der Dienstbetrieb lief wieder in geordneten Bahnen.
Die SEG und ihr Erster Einsatz
Schließlich wurde im Winter 96/97 die Schnelle Einsatzgruppe (SEG) ins Leben gerufen. Unter starkem Einsatz der Zugführer wurde die SEG gegründet, die sofort einen regen Zulauf durch interessierte Helfer erfuhr. Ihre erste Bewährungsprobe hatte die SEG im April 1997 zu bewältigen:
Das Hochregallager einer Molkerei in der Gießener Innenstadt stürzte aufgrund Bauarbeiten ein. 120 Tonnen Milchtüten begruben fünf Bauarbeiter. In Zusammenarbeit mit Feuerwehren und dem THW können 3 Arbeiter leicht verletzt gerettet werden. Für zwei Arbeiter kam leider jede Hilfe zu spät. Sie wurden von Stahlträgern des Hochregals erschlagen. THW-Helfer bargen die Verschütteten unter dem Einsatz von Brennschneidgeräten.
Wie so oft in den 90er unterstützten alle Einheiten auch in 1997 einen Samstag lang die Revierförster im Landkreis, um Sturmschäden zu beseitigen. Dabei wurden die Helfer zum einen an den Umgang der Motorsäge geschult, insbesondere beim Zerlegen unter Spannung stehender Bäume, zum anderen konnte den Revierförstern sinnvolle Hilfe gegen den Borkenkäfer geleistet werden.
Unsere Neue Unterkunft
Schließlich tat sich auch einiges auf dem Gelände im Erdkauter Weg: Im November 1997 wurde dem OV das neue Unterkunftsgebäude Erdkauter Weg 22 übergeben. Damit verfügt der OV nun über ein modernes Funktionsgebäude, welches den neuen Anforderungen des Ortsverbandes entspricht. Die alte Unterkunft Erdkauter Weg 20 wurde nach Umbauarbeiten der Geschäftsstelle Gießen zugewiesen.
Im Rahmen des Ausbildungsdienstes legte der 2. Technische Zug innerhalb einiger Samstagsdienste in 1997 den durch die Amerikaner nach dem Krieg gesprengten Eingang des Bunkersystems “GISELA” aus dem Zweiten Weltkrieg mitten im Stadtwald frei. Unter dem in mühevoller Arbeit freigelegten Zugang befand sich ein Führungsbunker für den Ostfeldzug. In den weiträumigen Tunneln, die zunächst vollständig unter Wasser standen und in Zusammenarbeit mit anderen Ortsverbänden leergepumpt wurden, fand sich neben einer großen Generatorenhalle auch ein Motorrad aus dem 2. Weltkrieg und einige Ausstattungsmerkmale der damaligen Zeit. Das Bernsteinzimmer, welches dort von einigen Forschern vermutet wurde, fand man jedoch nicht.
Ein neuer OB für das Gießener THW
Im März 1998 gab es erneut einen Führungswechsel im OV. Der Ortsbeauftragte Karl-Heinz Krebs gab das Zepter an Jörg-Rüdiger Stein ab.
Nachdem die neue Unterkunft bezogen wurde, wurden die Außenanlagen durch die Helfer größtenteils in Eigenleistung in der folgenden Zeit auf Vordermann gebracht.
Ein weiteres kleineres Hochwasser fand im November 1998 statt, bei dem das THW Gießen beim Feuerwehrgerätehaus Heuchelheim eingesetzt wurde. Die Kräfte des THW unterstützten die Kameraden der Feuerwehr beim Füllen, Verladen und Transportieren der Sandsäcke. Schließlich werden 1.500 Sandsäcke beim THW Gießen eingelagert.
3.500 m Wasserleitung verlegte der OV im Juli 1998, um ca. 11.700 Einwohner von Ortsteilen der Stadt Pohlheim mit Trinkwasser zu versorgen. Aufgrund dem Bau einer neuen Wasserleitung musste auf das THW zurückgegriffen werden. Aus dem Bundeslager Heiligenhaus kamen per Spedition fast 4 km Schnellkupplungsrohre aus Aluminium, die sich bereits bei Auslandseinsätzen bewährt hatten.